Wovon beim Erwachensprozess oft nicht gesprochen wird - this is often not talked about in the awakening process

Wenn die Erkenntnis sehr tief geht, werden Emotionen oft ungefiltert erlebt – bis hin zu jenem tief vergrabenen Urschmerz: dem Gefühl der Abgetrenntheit, des Nicht-Geliebt-Seins. In diesem Zustand fühlt man nicht mehr aus der erwachsenen Perspektive heraus, sondern aus einer ungeschützten Offenheit – ähnlich wie ein Kind.


Die gewohnten Bewältigungsmechanismen – wie Abspaltung und kompensatorische Strategien – schaffen normalerweise Distanz zu diesen Empfindungen. Sie wirken wie ein emotionaler Puffer und ermöglichen eine im Kollektiv oft als "normal" geltende Form der Dissoziation – ein Schutzmechanismus gegen die ursprüngliche Empfindsamkeit.


Doch an einem bestimmten Punkt der Selbsterkenntnis greifen diese Schutzmechanismen nicht mehr. Man fühlt wieder alles – unmittelbar, ungefiltert, bis ins Mark. Kindheitstraumata tauchen in voller Intensität und bei vollem Bewusstsein auf, jedoch ohne Betäubung, ohne die gewohnte emotionale Kontrolle. Die einst mühsam aufgebaute Schutzinstanz des Erwachsenen scheint verschwunden zu sein.
Man kann sich nicht mehr dissoziieren – es ist, als würde man zur Emotion selbst werden. Strategien zur Distanzierung greifen nicht mehr. Egal was man versucht, die Emotionen lassen sich nicht mehr aufhalten. Immer wieder wird man hineingezogen – mitunter sehr intensiv.


Das ist kein Fehler – es ist ein natürlicher Teil des inneren Prozesses. Und ja, es ist herausfordernd – besonders im Alltag mit Beruf, Familie, Verpflichtungen. Der Verstand will die Kontrolle behalten, will managen, schützen, verhindern – doch er kann diesen Zustand nicht begreifen und schlägt Alarm. Das kann zu enormen inneren Spannungen führen: zwischen dem denkenden Kontroll-Ich (das panisch reagieren kann, oft mit Angst, Panik oder sogar Todesangst) und jenen Emotionen, die einst als gefährlich abgespeichert wurden – wie Ohnmacht, Scham, Schutzlosigkeit, Alleinsein oder Ausgeliefertsein. Nicht selten wird das als innerer Kampf erlebt. Und ja – es kann sich überfordernd und schmerzhaft anfühlen.

Was es in solchen Phasen braucht, ist die Bereitschaft, immer wieder alles zu fühlen – gegebenenfalls mit Begleitung. Es braucht Raum für Ausdruck und Verarbeitung. Und es braucht Geduld. Viel Geduld. Und manchmal Mut.

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When realization runs deep, emotions are often felt in their rawest form – all the way down to the deeply buried core wound: the pain of separation, of not feeling loved. In such moments, one no longer feels from the adult perspective, but from an unprotected openness – much like a child.

The usual coping mechanisms – such as dissociation and compensatory strategies – normally create distance from such intense feelings. They serve as emotional buffers and are part of what is commonly accepted as "normal" in society: a collective form of dissociation as protection from our original sensitivity.

At a certain stage of awakening, however, these defense mechanisms stop working. You begin to feel everything again – fully, intensely, to the core. Childhood traumas resurface with full awareness, no longer numbed or filtered. The carefully constructed adult control system seems to fall away.

Dissociation is no longer possible – it feels as if you become the emotion itself. Attempts to escape or manage these feelings no longer work. No matter what you try, the emotions return – again and again – often with overwhelming force.

This is not a mistake. It’s a natural part of the inner process. And yes, it is deeply challenging – especially when juggling work, family, and everyday responsibilities. The mind tries to maintain control, to manage and protect. But it cannot understand this state, and so it sounds the alarm. This can create intense inner tension: a conflict between the mental control system (which responds with panic, fear, even terror or existential dread) and the old, suppressed emotions that now surface – such as helplessness, shame, vulnerability, abandonment, and powerlessness.

This inner struggle is real, and it can feel unbearable at times.

What’s needed is a willingness to feel – again and again – whatever arises, preferably with support. Space is needed for expression and integration. And above all, patience. A great deal of patience. And at times, courage.




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